Sami Aldeeb: Offener Brief an Präsident Trump zu Terrorismus und Migration

Sehr geehrter Herr Präsident,

ich erlaube mir, mich an Sie zu wenden als Christ palästinensischer Herkunft, in der Schweiz lebend, als Fachmann des arabischen und muslimischen Rechts, eines Gebiets, das ich an verschiedenen Universitäten in Italien, Frankreich und der Schweiz gelehrt habe und über das ich an die vierzig Bücher geschrieben habe, einschließlich einer arabischen Ausgabe des Korans in chronologischer Reihenfolge sowie ihrer englischen und französischen Übersetzung.

Es gehört zur Pflicht eines jeden von uns, die Bemühungen unserer Führungskräfte um eine bessere Gesellschaft zu unterstützen und ihnen viel Erfolg bei der Erfüllung ihrer Verpflichtungen zu wünschen.

Die Gesellschaft steht, wie eine Statue, auf zwei Beinen: der Macht und dem Wissenschaftler, der im Besitz des Wissens ist, auf der Macht auszuführen und dem Gelehrten, die Macht aufzuklären.

Wenn eine Epidemie auftritt, ist es notwendig, dass die Wissenschaftler sie identifizieren … Aber es ist auch notwendig, dass diese ausgebildet sind und frei, sich zu erklären. Sodann ist es notwendig, dass die Wissenschaftler die Macht in Kenntnis setzen, um die Maßnahmen zu ergreifen, die geboten sind, dieser Epidemie zu begegnen.

Ihr Land, wie auch Europa, wie die Region, wo ich herkomme, und wie der Rest der Welt, begegnet einem Anstieg der Gewalt, insbesondere von Seiten verschiedener islamischer Terrorgruppen. Diese Gewalt ist eine der Ursachen der Einwanderungswellen, die Europa, die USA und andere Ländern überfluten. In Ihren Erklärungen haben Sie auf diese beiden Fragen besonderen Nachdruck gelegt.

Sie haben auch den „radikalen islamischen Terrorismus“ beschrieben als „ein Übel“, beispiellos in der Geschichte, und hinzugefügt, dass er „von der Oberfläche der Erde entfernt“ werden muss: „Wir werden ihm ein Ende machen. Dies ist die Zeit, jetzt ist die Zeit, ihm ein Ende zu machen.“ Aber Sie haben nicht ausgeführt, welche Mittel Sie einsetzen werden, dies zu erreichen. Sie prangerten darüber hinaus an, was Sie den katastrophalen Fehler der deutschen Kanzlerin Angela Merkel nannten: dass Berlin, anstatt Flüchtlinge aufzunehmen, besser getan hätte, sich noch mehr einzusetzen für die Schaffung von Flugverbotszonen in Syrien, um die örtliche Bevölkerung vor dem Bombenkrieg zu schützen. „Die Golfstaaten hätten dafür zahlen müssen, nach allem was sie mehr an Geld haben als alle anderen.“

Erlauben Sie mir, Ihnen meine Meinung zu diesen beiden Fragen mitzuteilen.

Was den radikalen islamischen Terrorismus angeht, ist es sicher notwendig, ihm mit Waffen zu begegnen, aber Waffen allein werden nicht ausreichen. Es ist auch und vor allem wichtig, die Ideologie zu beseitigen, auf denen er beruht, nämlich die islamische Ideologie. Denn man muss die Dinge bei ihrem Namen nennen, um eine angemessene Antwort bereit zu haben.

Der radikal-islamischen Terrorismus fußt auf dem Koran, der Sunna Mohammeds und den Lehren des Islams. Radikale islamische Terrorgruppen setzen nur in die Praxis um, was Universitäten, islamische Zentren, Schulen und Moscheen seit vierzehn Jahrhunderten in allen muslimischen Ländern lehren – und sogar in den westlichen Ländern, darunter dem Ihren. Ägyptische Journalisten und Intellektuelle hören nicht auf, diese Lehre zu verurteilen, die die Quelle des Terrorismus ist, der Ägypten destabilisiert. Sie wird verbreitet vor allem von den Moscheen und den Schul- und Hochschuleinrichtungen der Al-Azhar, der wichtigsten religiösen Institution in der sunnitischen Welt. Ohne eine radikale Veränderung dieser Lehre ist es unmöglich, dem radikal-islamischen Terrorismus ein Ende zu machen. Aber wie vorgehen?

Die sudanesische Denker Mahmud Muhammad Taha, geschätzt als „afrikanischer Ghandi“, hatte seinen Glaubensgenossen vorgeschlagen, dem – mehr oder weniger friedlichen – mekkanischen Koran und dem mekkanischen Islam zu folgen und den Koran und den Islam von Medina zu verlassen:

  • der die Diskriminierung von Frauen und Nicht-Muslimen predigt;
  • der den Krieg gegen die Ungläubigen gebietet bis zur Bekehrung der ganzen Menschheit zum Islam, dabei dem Volk des Buches die Wahl zugesteht zwischen Bekehrung zum Islam mit Entrichtung einer Kopfsteuer oder Tötung und Versklavung seiner Kinder und Frauen. Diejenigen, die nicht zum Volk des Buches gehören, haben nur die Wahl zwischen Islam und Tötung und der Versklavung ihrer Kinder und Frauen;
  • der grausame Strafen vorsieht, gegen die Menschenrechte (Amputation der Hand eines Diebes, Steinigung wegen Ehebruchs, Todesstrafe für die, die den Islam verlassen, und so weiter). Diese Strafen sind auch in ein einheitliches arabisches Strafgesetzbuch aufgenommen, unterzeichnet von allen arabischen Justizministern und aufgeführt auf Internetseite der Arabischen Liga, das ich ins Französische übersetzt

Der IS und andere radikal-islamische Terrorgruppen tun nichts anderes, als dass sie diese Lehren des Islams getreu anwenden. Die westlichen Politiker, die vorgeben, dass die Praktiken dieser terroristischen Gruppen nichts mit dem Islam zu tun haben, täuschen sich und täuschen ihre Bürger. Und das ist der Grund, warum sie es nicht schaffen, den radikal-islamischen Terrorismus zu vernichten. Ein Arzt, der eine Krankheit schlecht diagnostiziert, setzt seinen Patienten einer tödlichen Gefahr aus.

Hätten die Muslime die Auffassung von Mahmud Mohammed Taha akzeptiert, wäre der derzeitige radikal-islamische Terrorismus nicht erschienen. Aber ach, Mahmud Muhammad Taha wurde 1985 auf Veranlassung der Al-Azhar und anderen islamischen Organisationen wie die Liga der muslimischen Welt mit Sitz in Saudi-Arabien erhängt. Um dem radikal-islamischen Terrorismus ein Ende zu machen, müssen wir die notwendigen Schritte unternehmen, um ihre ideologischen Grundlagen ändern.

Wir müssen daher die muslimische Welt ermuntern, die Verbreitung des heutigen Korans zu beschränken, der die mehr oder weniger friedlichen mekkanischen Suren und die gewalttätigen und diskriminierenden medinensischen Suren vermengt, und neue Ausgaben des Korans durchzusetzen, die mit chronologischer Reihenfolge die beiden Teile trennen, so dass Muslime und der Rest der Menschheit unterscheiden können zwischen den beiden Teilen des Korans. Das ist es, was ich getan habe mit meiner Bearbeitung und Übersetzungen des Korans.

Man sollte darüber hinaus von den muslimischen Ländern radikale Veränderung ihrer Lehren in Schulen, Universitäten und Moscheen verlangen und Ihnen die Achtung der Religionsfreiheit auferlegen, wie sie festgelegt ist in Artikel 18 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte: „Jeder hat das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit; dieses Recht umfasst die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung zu verändern wie auch die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung allein oder in Gemeinschaft mit anderen, öffentlich oder privat, in Lehre, Ausübung, Kult und Vollzug von Riten zu bekennen.“

Es ist auch unabdingbar, dass die arabischen Länder ihren Entwurf eines einheitlichen arabischen Strafgesetzbuchs zurückzuziehen, das grausame islamische Strafen vorsieht –  ein Kodex, der auf der Internetseite der Arabischen Liga erscheint und den ich übersetzt habe.

Schließlich ist es notwendig, dass die Universitäten und Forschungszentren in den westlichen Ländern, einschließlich dem Ihren, auf eine solche Veränderung hin arbeiten.

Was die Einwanderung betrifft, ist es äußerst wahrscheinlich, dass, wenn die westlichen Länder ihre Türen öffnen, einige hundert Millionen Muslime ihr Heimatland verlassen werden, um der Hölle der arabischen und muslimischen Ländern zu entkommen. Tausende Muslime versuchen derzeit, die Grenzen zu überwinden, auf das Risiko hin, ihr Leben zu riskieren und sich in unmenschlichen Situationen wiederzufinden. Nun schleppen diese Muslime die Ideologie mit, die ihre eigenen Länder zerstört, eine Ideologie, die zuletzt auch die westlichen Länder zerstören wird. Andererseits sitzen viele Muslime in westlichen Gefängnissen, wo sie sich mehr und mehr radikalisieren. Es wird geschätzt, dass ungefähr 70 % der Häftlinge in Frankreich Muslime sind. Wenn die Häftlinge ihre Gefängnisse verlassen nach Verbüßung ihrer Strafe, werden sie die westlichen Länder zerstören. Terroristen, die Anschläge in Europa und in Ihrem Land verübten, haben diese Gefängnisse durchlaufen, echte Pflanzstätten von Terroristen.

Angesichts dieser Tatsache, die niemand leugnen kann, – wäre es nicht klüger, einen neuen Staat auf der Hälfte des Territoriums von Saudi-Arabien zu schaffen, unter internationalem Schutz, Platz bietend hundert Millionen Muslimen, die danach verlangen, ihr Herkunftsland zu verlassen, wie auch den muslimischen Häftlingen in den westlichen Gefängnissen? Dieses „neue Land“ müsste unter internationalem Schutz stehen, verwaltet nach den internationalen Standards der Menschenrechte und finanziert mit der Hälfte der Öleinnahmen von Saudi-Arabien, dem wichtigsten Geldbeschaffer für die Terrorgruppen und dem hauptsächlichen Land, das die radikal-islamische Ideologie verbreitet, auf die islamische Terrorgruppen sich berufen. Damit würde man auch den Muslimen eine Aussicht bieten, ihren guten Ruf wieder herzustellen und ein neues, würdiges und humanes Leben zu finden.

Kurz gesagt, Herr Präsident, es reicht nicht, Flugzeuge zu schicken, um islamische Terrorgruppen zu bomben in Syrien, im Irak und anderswo. Man muss auch und vor allem die Ideologie zerschlagen, die die Grundlage liefert für diese islamischen Terrorgruppen, die auch in Europa und in Ihrem Land aktiv sind. Um Epidemien zu beseitigen, ist es nicht genug, die Auswirkungen zu behandeln, es ist unbedingt notwendig, ihre Ursachen und ihre Quellen anzupacken.

Nehmen Sie, Herr Präsident, meine besten Wünsche entgegen für den Erfolg Ihrer Arbeit zum Wohle Ihres Landes und der ganzen Menschheit.

Dr. Sami Aldeeb, Universitätsprofessor
Direktor des Zentrum für arabisches und islamisches Recht
Übersetzer des Korans in Französisch und Englisch , und Autor zahlreicher Bücher

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